Finnland steht auf Kaffee, aber nicht auf George Clooney

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Finnland die Statistik des europäischen Kaffeekonsums anführt? Die Finnen kommen auf rund 12 Kilogramm pro Person, in der Schweiz sind es 6,3 Kilogramm. Aber Kaffee ist nicht gleich Kaffee. Die Finnen hängen noch immer an ihrem guten alten Filterkaffee.

Ich stehe an diesem Samstagmorgen vor der Outdoor-Kaffeebar in Levi. Steffan, ursprünglich Holländer, verheiratet mit einer Finnin, macht sich hinter seinem aus Recyclingmaterial zusammengezimmerten Wagen an einer Espressokanne zu schaffen und stellt diese auf das offene Feuer. In einer Pfanne erwärmt er Milch, die er von Hand mit einem Sieb luftig schlägt. Ich warte auf einen leckeren Latte Macchiato, handgemacht. Ein junger Finne, angezogen von der originellen Konstruktion der Kaffeebar, kommt dazu. Er lässt sich von Steffan das Angebot erklären und sagt dann: «Ich gehe dann mal hier rüber». Mit «hier rüber» meint er das Gebäude Zero Point, die Startbasis für die Skifahrer in Levi. Im Café dort gibt es hauptsächlich Filterkaffee, obwohl - man könnte auch Cappuccino bestellen. Theoretisch.

Wenn Finnen «Kaffee» sagen, meinen sie Filterkaffee

Steffan ist der «Campfire-Barista» von Levi. Er verkauft auch Chai-Latte, Marshmellows und Cookies aus seiner Eigenproduktion. Und er ist mit seinem Angebot ein Exot. Denn wenn Finnen «Kaffee»» (fin. kahvi) hören, dann meinen sie Filterkaffee. Der Tag beginnt mit Filterkaffee – und er endet auch damit. Basta. Auch bei sehr weltoffenen, weitgereisten Finnen, die zuhause einen Espressoautomat besitzen, hält sich daneben oft ein schickes Filtermodell. In jedem Büro (das ich gesehen habe) steht eine Filtermaschine. Bei speziellen Ereignissen wird in Finnland Kaffee getrunken anstelle unseres Apéros, natürlich nicht zuletzt auch  wegen Finnlands restriktivem Umgang mit Alkohol. Aber das ist ein anderes Thema.

Weshalb der Kaffee in Finnland einen derartigen Erfolg hat, ist wohl historisch bedingt, aber die Quellenlage ist dürftig. Die einen schreiben es dem kühlen Wetter zu, andere denken, dass es auch mit dem bis ins 20. Jh. geltende Alkoholverbot zu tun hat und der Kaffee als Ersatzdroge genutzt wurde. Und dann wäre da noch die Kaffeerösterei Paulig, die in Finnland fast eine Monopolstellung hat und so auch wesentlich Einfluss auf die Art des Kaffees hatte und noch immer hat.

Steffan bereitet den Kaffee zu.

Wichtigste finnische Wörter: Kahvi und Kahvila

In Finnland gibt es überall «Kahvila», die zum Kaffee Süssgebäck mit Kardamom und Zimt anbieten. Die Kaffeekaraffe steht dabei auf einer Wärmeplatte an der Kasse, wo man sich nach der Bezahlung selbst bedient. In Lappland sind zudem die sogenannten «Latukahvila» beliebt, die an den Loipen «Kahvi und Munkki» anbieten. Das Munkki ist ein mit Kardamom gewürzter Dounut oder ein Zimtgebäck. Kaffee muss auf jeden Fall sein: auch auf der Loipe.

Die Röstung gibt den Ausschlag

Die Finnen lieben eine helle Röstung des Kaffees. Das wird zum einen damit erklärt, dass Kaffee, der nur kurz geröstet wurde, früher günstiger war als die dunkleren Röstungen, die mehr Zeit in Anspruch nahmen. Zum anderen ist Kaffee aus hell gerösteten Bohnen nicht so stark. Man kann also mehr davon trinken. Noch heute finden sich im Supermarkt hauptsächlich die hellen Röstungen, die sich für die Filtermaschinen gut eignen, aber den an Espresso gewöhnten Mitteleuropäer verzweifeln lassen. So kriegt Steffan an diesem Morgen vornehmlich Besuch von Landsleuten aus den Niederlanden und anderen Touristen, welche bei ihm einen richtigen starken Kaffee aus der Espressokanne geniessen. Ja, und die «Clooney-Kapseln» - die haben es hier in Levi noch nicht über die Zimmer einiger weniger Hotels hinausgeschafft. 

*Einige Informationen habe ich den Blog über die finnische Kaffeepause bei www.de.happycoffee.org entnommen. Der Campfire-Barista ist auf Facebook: https://www.facebook.com/steffanwunderink.

Steffan mit seiner Campfire-Bar in Levi